Gründung des Musikverein im Jahre 1871
Blasmusik und Kirche
Im späten Mittelalter diente die Blasmusik vorwiegend dazu, die Bevölkerung durch Signale oder Melodien auf kirchliche oder weltliche Feierstunden aufmerksam zu machen. Mehr Musik zu außergewöhnlichen Anlässen verlangten die Menschen seit dem 15. Jahrhundert, die ihre festlichen Ereignisse zunehmend musikalisch untermahlen ließen.
Auch die Blasmusik in Fremdingen blickt auf eine lange Tradition zurück. Sicher ist, dass bereits vor 1836 Musikanten mit ihren Blasinstrumenten die Gottesdienste feierlich umrahmten. Dabei waren die jeweiligen Pfarrer bis zum heutigen Tag Freunde und Förderer der Musik.
Aus den Pfarrakten geht hervor, dass am 9. März 1836 Pfarrer Sertorius und die beiden Kirchenpfleger Joseph Glaser und Johann Deubler das »Fürstliche Stadt und Herrschaftsgericht« in Oettingen baten, »zur Aufbewahrung der Musikalien und Instrumente der Kirche« einen kleinen Kasten für höchstens 5 Gulden anschaffen zu dürfen  ein Beweis dafür, dass bereits Instrumente vorhanden waren und auch für kirchliche Zwecke benützt wurden.
Antrag aus dem Jahre 1836 von Pfarrer Sertorius, Joseph Glaser und Johann Deubler. Ein Kasten zur Aufbewahrung der Musikalien und Instrumente sollte angeschafft werden.
Lehrer Leinauer, der Initiator
Neue Bewegung in das Musikgeschehen brachte schließlich Lehrer Nepomuk Leinauer. Er war sehr aktiv im dörflichen Leben, versah das Amt des Gemeindeschreibers für 23 Gulden im Jahr, gründete 1873 die Feuerwehr und war deren erster Vorstand. Pfarrer Eugen Hähnle hat über diesen Pfarrer eine kurze Biographie zusammengestellt:
Johann Nepomuk Leinauer wurde am 28.3.1834 in Lutzingen bei Dillingen geboren. Sein Vater war Schullehrer, Organist, Mesner und Distriktsvorsteher in Lutzingen. Er sorgte dort für so gute Kirchenmusik, »die sich so manchem Stadtchor zur Seite stellen konnte.« Als ihn ein Nervenfieber befallen hatte, übernahm sein Sohn die Stelle eines Hilfslehrers. Nach dem Tod seines Vaters erhielt Johann Nepomuk 1863 eine Anstellung in Engishausen bei Illertissen. Nach Fremdingen ließ er sich 1870 versetzen und wirkte in unserer Gemeinde bis 1878. Auch sein Bruder August war Schullehrer im benachbarten Hausen. Johann Nepomuk Leinauer verließ 1878 Fremdingen, versah dann die Lehrerstellen in Bonstetten bei Zusmarshausen (1878 bis 1882), in Bayersried (1882 bis 1885) und in Gmeinschwenden bei Memmingen. 1896 wurde er auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt, da er an Gedächtnisschwäche litt. Außerdem  so hieß es in seinem Schreiben  wisse er sehr gut,»dass der Lehrer, der mit freiem Vortrag lehrt, bedeutend bessere Resultate erzielt als der, welcher sich Bücher etc. bedienen muss.« Seinen Ruhestand konnte er noch einige Jahre genießen und starb am 10.01.1912.
Offensichtlich hatte Johann Nepomuk Leinauer die großen musikalischen Fähigkeiten seines Vaters geerbt und die Liebe zur Musik an die Schulkinder Fremdingens weitergegeben. Seiner Initiative ist es auch zu verdanken, dass neue Instrumente angeschafft wurden.
Er erhielt am 01. Mai 1871 von Pfarrer Franz Xaver Liebert aus der Versteigerung der Kirchenplätze (=Kirchenstuhlgelder) 14 Gulden und 45 Kreuzer für die Anschaffung von »KirchenÂBlechinstrumenten«. Auch die Ortsbürger beteiligten sich durch freiwillige Spenden am Kauf der Instrumente. Zu den bereits vorhanden zwei Hörnern, einer Violine, einem Harmonium kamen noch eine CÂTrompete, ein Althorn, zwei FÂTrompeten, eine Basstrompete und ein Bombardon.
Als Musiker werden genannt: Leinauer Johann Nepomuk, Hach Viktor, Schwager Alois, Unteregger Leonhard, Thannhauser Leonhard, Stimpfle Xaver, Hattenberger Jakob, Jaumann Thomas, Förg Leonhard und Stimpfle Theodor.
Die Musiker spielten später nicht nur zur Ehre Gottes, sondern benützten die Instrumente auch für außerkirchliche Veranstaltungen, z.B. bei Hochzeiten und weltlichen Feiern. Als dann die cäcilianische Kirchenmusik die Blechinstrumente verdrängte, schenkte Pfarrer Anselm Vogt die Instrumente der Gemeinde und verzichtete auf alle Eigentumsrechte.
Ein wichtiges Ereignis für die Entwicklung des Dorfes war der Bau der Eisenbahnstrecke von Nördlingen nach Dinkelsbühl. Die Eröffnung dieser Strecke am 1. Juni 1876 wurde deshalb hier »in eigenartiger Weise« gefeiert. Doch lassen wir Pfarrer Vogt erzählen:
»Viel Mannsvolk, darunter auch Lehrer Leinauer mit seiner Blechmusikbande, fuhr per Bahn nach Dinkelsbühl. Bei der abendlichen Rückfahrt gerieten Verschiedene, vom Dinkelsbühler Bier benebelt, einander in die Haare, schlugen die Waggonfenster aus und machten noch auf dem hiesigen Bahnhof großen Spektakel. Hierauf mein Tadel von der Kanzel, Schadenersatz für die zusammengeschlagenen Fenster, Arrest für diesen oder jenen wegen groben Unfugs.«
Musiker und Veteranen
1888 übergab die Gemeinde die Instrumente dem 1884 gegründeten Veteranenverein unter der Auflage, dass der Verein für die Instandhaltung der Instrumente zu sorgen und bei jeder Übung der Freiwilligen Feuerwehr unentgeltlich einen Signalbläser zur Verfügung zu stellen habe. Sollte sich der Verein im Laufe der Zeit auflösen, so mussten die Instrumente der Gemeinde zurückgegeben werden. Unterzeichnet ist dieses Protokoll von Bürgermeister Singer und Veteranenvorstand Oettle Hieronymus. Bis in die Zeiten des 1. Weltkrieges waren so Veteranen und Musiker miteinander verbunden.
Nikolaus Kübert, Dirigent und Komponist
Nachdem der Lehrer Johann Nepomuk Leinauer 1878 die Gemeinde verlassen hatte, fand er in Nikolaus Kübert, einem hervorragenden Sänger und Musiker, einen tüchtigen Nachfolger. Beim Eisenbahnbau kam der 1848 in Langenprozelten bei Lohr am Main geborene Kübert 1875 als Eisenbahnangestellter nach Fremdingen und heiratete Theresia Regele (Hs.Nr.77).
1904 stellte Pfarrer Eisele den »Söldner Nikolaus Kübert, welcher die hiesige Blasmusik leitete, zum Dirigenten des Cäcilienvereins auf, welcher den bald 16 Kräfte zählenden gemischten Chor auf eine ganz anständige Höhe brachte.«
Kübert sorgte sich zudem um die Ausbildung der Musiker von Fremdingen und Umgebung. Durch seine Schule gingen die Grüder einer benachbarten Kapelle und die späteren Dirigenten Lorenz Deibler und Max Goppel, sowie die musikbegeisterten Brüder Ludwig, Leonhard und Josef Simacher und deren Vater Lorenz Simacher, Ludwig Grimmeißen aus Rühlingstetten, der Minderoffinger Michael Eichberger und viele andere. Nikolaus Kübert war nicht nur Dirigent und Musiklehrer, sondern er komponierte auch selbst. Aus seiner Feder stammen heimatliche Klänge wie der »Raustettener Laufgalopp« und die Polka »Gruß an Fremdingen«.
Nach Nikolaus Kübert übernahm der gebürtige Fremdinger Josef Rödter  er war von 1921 bis 1931 Lehrer in Fremdingen  die Leitung der Kapelle. Obwohl eine Reihe von Musikern im 1. Weltkrieg gefallen waren, konnte er durch seinen Einsatz die Kapelle weiter fördern und ihr Ansehen mehren. 1931 verließ Rödter die Gemeinde und fand in Lorenz Deibler und Max Goppel tüchtige Nachfolger.
Die Musikkapelle und die Feste in der Gemeinde
Seit den Anfängen war die Musikkapelle eine wichtige Größe im Jahreskreis des Dorflebens. Sie spielte bei zahlreichen privaten, öffentlichen und kirchlichen Anlässen zur Freude der Fremdinger.
Am 27. Oktober 1929 wurde der neue »Kriegergedächtnisaltar« in der Pfarrkirche eingeweiht. Das levitierte Hochamt zelebrierte der Erbauer der Kirche, Pfarrer Josef Eisele, die Predigt hielt Pfarrer Hubert Lutz, der als Offizier am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte. Der Tag der Einweihung wurde mit Böllerschießen und einem Weckruf eingeleitet. Zur Unterhaltung spielte die Musikkapelle am Nachmittag.
Der von Pfarrer Eisele gegründete Burschenverein konnte an Christi Himmelfahrt 1930 auf sein 25jähriges Bestehen zurückblicken. Um ½9 Uhr war Kirchenzug mit Vorantritt der Musik. Nach dem Hochamt fand eine »Gefallenenehrung« statt. Als die Musik »Ich hatt´ einen Kameraden« spielte, sah man manches tränende Auge, in schmerzlichen Erinnerungen an einen treuen Gefallenen.
Auch bei den verschiedenen Jubiläen der Bürger spielte die Kapelle. So feierten am 14. Juni 1930 die Schuhmacherseheleute Mack das goldene Ehejubiläum. Um »9.00 Uhr zog die Hochzeitsgesellschaft unter Vorantritt der Musikkapelle in die Pfarrkirche.«
Am 25. Januar 1931 hielt der Krieger- und Veteranenverein eine Reichsgründungsfeier mit Ehrung seiner beiden »Altveteranen« Nikolaus Kübert (83 Jahre) und Leonhard Förg (81 Jahre). Die beiden Altveteranen wurden mit Musik von ihrer Wohnung abgeholt und zum Gasthaus Halt geleitet, wo die Musikkapelle einen »flotten Einzugsmarsch« spielte. 1923 hatte Pfarrer Hubert Lutz den Leonhardiritt, bei dem man später bis zu 200 Pferde zählte, wieder belebt. Für die Musikanten war es selbstverständlich, daran teilzunehmen und dem Fest einen musikalischen Rahmen zu geben.
Auch an den Weißen Sonntagen spielte die Musikkapelle regelmäßig. Die Kommunionkinder wurden zusammen mit dem Pfarrer von der Schule unter den Klängen der Musikkapelle in das Gotteshaus geleitet. 1942 setzte der Krieg diesem Brauch ein Ende. Die Musik verschwindet aus dem öffentlichen Geschehen, um dann in der Nachkriegszeit wieder einen neuen Aufschwung zu erleben.
Die Tradition wird fortgesetzt
Einer der größten Auftritte nach dem Krieg war die Einweihung des neuen Sportplatzes am Kellerbuck am 11. September 1948. Vor dem Gasthaus Christ gaben die Musiker ein Standkonzert, begleiteten den Festzug zum Sportplatz und verschönten dort die Feier. Es spielten Max Goppel jun. (Trommel), Leonhard Kopf (Zugposaune), Stempfle Konrad, Kopf August (Bass), Goppel Max, Goppel Adolf und Regele Erwin.
Tausende von Menschen strömten am 02. Juni 1952 nach Fremdingen, als Willi Hofer sein erstes heiliges Messopfer feierte. Die Musikkapelle gab dieser Primiz einen feierlichen, würdigen Rahmen.
Nach dem schweren Unfall des Dirigenten Lorenz Deibler 1957 übernahm der musikbegeisterte Richard Schindler die Leitung der Musikkapelle und betreute sie erfolgreich und mit großem Eifer.
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